Da es uns schon lange vor unseren Ringabesuchen gab, hier einige Schmankerln bzw

Jugendsünden als wir noch Haare und keinen Bauch hatten.


 

 

Frühling 1983

 

Nachdem ich eine Lehrstelle als Kellner in Vösendorf bekam und die tägliche Fahrt mit der Badner-Bahn nicht sehr verlockend war, konnte meine Oma überredet werden mir ein Moped zu spendieren. Ein neues sollte es aber schon sein, weil niemand in der Familie kannte sich mit Zweirädern und deren Reparaturen aus. Also auf ins nächste Mopedgeschäft, ausgesucht wurde - wie üblich bei Nichtauskennern – nach der Optik. Es wurde eine silberne Puch Monza. Zwei Tage später holte ich sie, ohne jemals auf so etwas gesessen zu sein. Natürlich ohne Helm, weil diese Vorschrift gab es noch nicht. Kupplung, Bremse, schalten, alles kannte ich nur aus Erzählungen wie es zu bedienen ist, hatte es aber selbst noch nie praktiziert. Kann man sich bei dem heutigen Sicherheitsbedenken gar nicht mehr vorstellen. Ich kam aber trotzdem unfallfrei nach Hause, und nach 2 Tagen fahren machte es schon richtig Spaß.

 

 

 

Es muss so ca 2 Wochen später gewesen sein, als ich mich nach der Arbeit von Vösendorf Richtung 15. Bezirk aufmachte. Bis zur Kreuzung Altmannsdorferstraße – Triesterstraße lief auch alles wunderbar. Bis die wunderschöne silberne Puch Monza abstarb. Ratlosigkeit „Wos is do los“? Getankt habe ich erst gestern. Zündkerzenkabel steckt auch richtig drauf. Elektrisch passt auch alles. Elektrostarter gab es damals nur bei wenigen Fahrzeugen. Bei 50ccm Moped natürlich überhaupt nicht. Also viele Antrettversuche mittels Kickstarter. Brachte nichts. Anrennversuche mit dem 2. Gang und während des Anschiebens mit dem Arsch auf die Sitzbank draufschmeißen. Brachte auch nichts. Mir war schon sehr warm und der Ärger kam auch schön langsam hoch. Kann doch nicht sein. Da kauft man extra ein nagelneues Fahrzeug damit es funktioniert, und dann das. Zigarettenpause, rasten, überlegen, was könnte das sein?

 

Nach der Rauchpause setzte ich die Anrennversuche wieder fort. Nachdem ich ein weiteres Mal außer Atem war, verlor ich die Beherrschung, war auf die Puch Monza so angefressen, dass ich voller Wut eine handvoll Kieselsteine (war genug am Straßenrand wegen des vorhergegangenen Winters) in die Hand nahm und mit voller Wucht gegen den Tank der Monza schleuderte. „Du gschissanes Heissl!“ Dies ergab natürlich winzige Lackabsplitterungen von jedem einzelnen Kieselsteine – welche ca 100 Stück waren - am Tank. Aber das war mir in diesem Moment egal.

 

Die Erleuchtung, dass, wenn man mit einem Moped fahren will, auch der Benzinhahn aufgedreht werden sollte, kam dann ca 5 Minuten später. Tagelang ärgerte ich mich über meine eigene Blödheit. Besonders, wenn ich den Tank von diesen neuen, super funktionierenden Moped ansah.


Sommer 1983

 

Wir waren immer ein Rudel Mopedtreiber. Jeder wusste welchen Platz er im Pulk bei gelegentlichen Wien-Umland-Ausflügen einzunehmen hatte. Machte es doch auf einem 50ccm Moped der Achtzigerjahre einen erheblichen Unterschied aus, wie man sein Gefährt übersetzt hatte oder ob man eine „Rennbirn“ montiert hatte. An meiner Puch Monza war noch alles original. Deswegen nahm ich mit meiner 45km/h Rakete (laut Tacho) immer eher einen hinteren Platz ein. So auch zu der Anreise zum damals neu eröffneten Wiener Restaurant einer amerikanischen Kette. Wir waren ca 4 oder 5 50ccm Mopeds, alle mit Sozia.

 

 

Nach dem Besuch beim Mäci Mariahilferstraße schien aber mein Moped ein wenig besser zu laufen. Sie beschleunigte einfach besser und irgendwie tat ich mir leichter beim fahren. Auch von der Ampel weg war es ziemlich ungewöhnlich, dass die anderen beim Start einige Meter hinter mir waren.

 

Irgendwann schrie ein Kumpel was in meine Richtung. Doch bei dieser mörder Geschwindigkeit hörte ich nicht viel. Wir blieben dann stehen und der Kumpel meinte sehr fragend: „Heast Oida, warum hast die Moni nicht mitgenommen?“ Verdammt! Vergessen!

 

Ich fand Moni dann auf ihren Nach-Hause-Weg (natürlich zu Fuß) mit tränenreichem Gesicht auf. Ihre ersten schluchzenden Worte waren „Du liebst mich nicht mehr!“ Wir waren dann trotzdem noch 12 Jahre zusammen.

 

 

 


 

Sommer 1983

 

Die Moped-Partie fällt den Entschluss „Wir fahren zur Jubi aufe“. Super. War eh noch nie auf der Jubiläumswarte. Anfahrt mit 50ccm Puch Monza und Sozia gestaltet sich mühsam, weil der Flötzersteig eine ziemliche Steigung hat. Bis rauf zur Kuppe geht es also recht schleppend voran. Nach der Kuppe merkliche Erleichterung und spürbare Beschleunigung des technischen Gerätes. Weil das geht es ja wieder bergab. Toll.

 

So toll, dass ich sogar den Anschluss an meine Kollegen wieder habe und auf sie aufhole. Ja, nicht nur aufhole, sondern an ihnen vorbei fahre. Haben die alle ein technisches Problem oder Schlafpulver gegessen? Egal, ich habe sie ALLE hergebrannt. Und jetzt schnell rein in die Rechts zur Ameisbachzeile. Oh Shit, die macht zu. Und noch mehr zu. Ich krieg sie nicht. Mit Krach kawumm den kurvenäußeren Randstein genommen und Abflug ins Gemüse.

 

 

 

Nach 2 – 3 Saltos in der Wiese ist natürlich der erster Weg zum Moped. Ist meinem Baby eh nichts passiert? Wie ich da so stehe um erste Schäden zu entdecken, ruft ein inzwischen stehen gebliebener Kumpel: „Heast Robschi, willst nicht der Moni helfen?“ Uuups, die war ja auch mit.

 

Im Nachhinein gesehen ergab sich ein sehr lustiges Bild meiner Sozia (ja, wieder die arme Moni), kämpfend mit den Stacheln der Rosensträucher - worin sie RELATIV sanft landete – um dort wieder raus zu kommen.

 

Die Jubiläumswarte erreichte ich auch an diesem Tag noch nicht. Hans P. „Depatta, hast wirklich glaubt wir fahren da ohne Grund so langsam und du kannst uns versageln? Wir haben ja gewusst das diese Kurve kommt“. Wie dem auch sei, noch heute – also 35 Jahre danach - kann ich mir von den Kumpels anhören, dass ich mich zuerst um mein geliebtes Moped kümmern wollte und total auf Moni vergessen habe. Die sind aber auch nachtragend.

 

 

 


 

Herbst 1983

 

Habe mir beim Fußballspielen einen Bänderriss im Knie geholt. Liegegips ist fad. Also rauf damit aufs Moped. Und weil das noch nicht verrückt genug war, mit Sozia. Nein, diesmal nicht mit der armen Moni, sondern mit dem Hans P. als Sozia. Dessen Moped war damals nämlich nicht einsatzbereit.

 

Ok, wie benimmt sich ein 17 jähriger Mopedtreiber mit seinem besten Freund hinten drauf? Blöd. Angeberisch blöd. So angeberisch blöd, dass Hans P. meint, als wir beim Hanusch-Krankenhaus vorbei fahren „Oida, wennst so blöd weiter fährst landen wir noch da drinnen“. Ich: „Aber geh, scheiß di net au.“

 

Eine Minute vor unserem eigentlichen Ziel sind wir mitten im 15. Bezirk bei der Kreuzung Tannengasse – Goldschlagstraße. Ich will diese Kreuzung angeberischerweise mit vollem Speed nehmen. Wären also 45. Weil mit der richtigen Technik geht das sicher. Der Hans soll einmal sehen, wie gut der Robschi fahren kann.

 

 

 

Wir also Tannengasse runter, ziemlich kurvenschneidend links in die Goldschlagstraße einlenkend, weil sonst geht sich diese 90° Kurve in eng verbauten Gebiet niemals aus. Der Plan war also gut. Blöd nur, dass in diesem Moment von links ein PKW (2 CV-Ente) kam. Ich musste das Moped also genau am Scheitelpunkt aufstellen und wir steuerten ziemlich rasch in die vor uns parkenden Auto zu. Hans sah, dass sich das nicht mehr ausgeht und drückte meine Schultern kurz vor dem Einschlag nach unten, sodass er über mich und das parkende Fahrzeug springen konnte. Er schaffte es zwar, doch durch sein runter drücken detonierte ich – es gab noch keine Helmpflicht - voll in die Seitentür des Parkenden.

 

Hans hatte ziemliches Glück. Weil hinter den geparkten Autos war damals ein Gasthaus mit sehr großen Fenstern. Er landete aber genau dazwischen an der Mauer. Ein wenig weiter links oder weiter rechts, und er wäre dort wohl bei den überraschten Gästen auf deren Tisch als Hauptgang gelandet.

 

Als ich da so auf dem Boden lag merkte ich gleich, oh oh, da hats was. Jetzt ist der andere Fuß auch bedient, und zwar am Knöchel. Da 50 Meter weiter in der Tannengasse das damals berühmt berüchtigte Polizeikommissariat war, wollte mich Hans unbedingt zum Aufstehen bewegen. „Heast kumm Oida, mir miasn weg von do. Du bist mit Gips gfoarn. De vahoftn uns. Steh endlich auf“. Und wollte mich gleichzeitig unter den Achseln aufheben und vom Tatort wegzerren.

 

Aber es ging nicht. Ich kam einfach nicht auf. Natürlich waren kurze Zeit später die Grünen vor Ort. Nach kurzer Schilderung des Herganges war Hans P. wieder der gewohnt coole, goscherte Typ. Auf die Frage des Polizisten, warum ich mit einem Liegegips Moped gefahren bin, antwortete er ihm: „Na und? Wo steht das das verboten ist?“ „Werd ned frech, sonst nehma eich gleich mit!“

 

Es kam wie es Hans vorhergesagt hatte. Ich wurde ins Hanusch gebracht. Aber 3 Stunden später wieder mit Diagnose Bänderriss im Knöchel wieder entlassen. Am fast gesamten linken Fuß einen Liegegips, am rechten Fuß einen Knöchelgips bis zum Knie und mit Krücken unterwegs kann nicht cool ausgeschaut haben. Zum Glück gab es damals noch keine Handys zum fotografieren.

 

Noch heute tut mir der 2CV-Fahrer leid. Dem haben sie – obwohl er an dem Unfall total unschuldig war – die Kennzeichentafeln abmontiert, wegen glatzerter Reifen.

 

 

 

 

 

 


 

Frühling 1984

 

Nachdem mein Moped nach dem Gips-Unfall doch ein wenig ramponiert und ich selbst auch längere Zeit außer Gefecht gesetzt war, beauftragte ich Hans P. mit dem Verkauf meines Mopeds. Ich war ja (diesmal wirklich) bettlägrig. Somit gab ich ihm Schlüssel, Typenschein, Zulassungsschein, und er brachte mir 2.000,- Schilling vom Händler.

 

Nach 4 Monaten waren die Bänder wieder in Ordnung, es wurde Frühling und ein neues Moped musste her. Mangels Internet klapperte ich die Moped-Geschäfte ab. Im 2. Bezirk sah ich fast die selbe welche ich hatte. Nur geringfügige Kleinigkeiten waren anders, neue Sitzbank, andere Auspuff, andere Spiegel und violett. Gefiel mir einfach. Und da ich schon Erfahrung mit diesem Moped hatte, kaufte ich es um 5.000,-.

 

Zu Hause - bei Durchsicht des Typenscheines - sah ich, dass ich mein eigenes Moped zurück gekauft habe.

 

 

 


 

Sommer 1984

 

Mein Moped ging damals ziemlich gut. Zu gut, wie die Behörde meinte. Kennzeichenentzug. Da ich vor kurzem eine Maler – und Anstreicherlehre begonnen habe – und auch sonst im Zeichnen relativ geschickt war – kam mir die Idee selbst ein Kennzeichen zu machen.

 

Eine dünne, feste, wasserdichte Holzspannplatte besorgt, weißen und roten Lack gekauft, Moped-Kennzeichen vom Freund als Vorlage genommen, und los ging es. Schön mit Quadratraster gearbeitet, damit die Proportionen millimetergenau exakt werden. Aber natürlich mit meiner alten Nummer, damit es zum Pickerl passt.

 

Ist auch wirklich sehr gut geworden. 2 oder 3 Verkehrskontrollen wurden damit unbeschadet überstanden. Dann geschah mir jedoch ein Missgeschick. Ich vergaß wieder mal den Benzinhahn aufzudrehen. Mit dem Benzin in der Leitung kam ich genau bis zum Polizeikommissariat Tannengasse. Dort saßen gerade 2 Polizisten im Auto als ich vorbei rollte. Ich also mit stotterndem Motor bei ihnen vorbei, am Moped herumturnend den Benzinhahn suchend, um ihn während der Fahrt umzudrehen. Der Akrobat auf dem Moped kam ihnen vermutlich nicht ganz geheuer vor und sie fuhren mir nach, weil mittlerweile floss ja wieder Benzin zum Vergaser.

 

 

 

 

Die Anhaltung verlief eigentlich problemlos. Ich erklärte ihnen den Grund meiner Verrenkungen auf dem Moped und dachte das geht wieder gut aus. Doch ein Polizist hatte plötzlich einen komischen Gesichtsausdruck und näherte sich dem Kennzeichen, griff es an und staunte. Sein Gesichtsausdruck war ein Bild für Götter. Ich dachte, so muss jemand aussehen der gerade einen Alien sieht. Holzobjekt eingezogen, Anzeige.

 

 

Die Verhandlung brachte dann 9.000,- Schilling (das war damals sehr viel Geld) Strafe wegen Urkundenfälschung.

 

 

Bei einer anderen Verkehrskontrolle ca 1 Jahre später hatte ich den selben Polizisten. Er erinnerte sich an mich, fing laut an zu lachen und sagte: „Das Taferl ist jetzt im Polizeimuseum. Weil so ein perfektes Holzkennzeichen hat bei uns noch niemand gesehen“. Er machte nur noch einen genauen Blick auf mein jetziges Kennzeichen und danach „Fahrens weiter“.

 

 

 


 

 

 

Wird fortgesetzt...